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ZUR ERÖFFNUNG
DER BAHNVERLÄNGERUNG
VON
NORDRNG
NACH
PANKOW (VINETASTRASSE)

AM 29. JUNI 1930




Allgemeines

Im Juli 1913 wurde die U-Bahnstrecke vom Spittelmarkt über den Bahnhof Alexanderplatz bis zum Bahnhof Nordring in der Schönhauser Allee eröffnet. Seither ist der Bahnhof Nordring Endbahnhof. Im Betriebsjahre 1929 stand dieser BAhnhof unter 76 Bahnhöfen mit rd. 9 Millionen zugehenden Fahrgästen an fünfter Stelle. Übertroffen wurde sein Verkehr von den Bahnhöfen Potsdamer Platz mit rd. 13 Millionen, Alexanderplatz und Hallesches Tor mit rd. je 11 Millionen und Friedrichstadt mit rd. 10 Millionen. Mit Rücksicht darauf, daß die Bahnhöfe Hallesches Tor und Friedrichstadt als Kreuzungsbahnhöfe zweier Linien zugleich Doppelbahnhöfe sind, stand der Bahnhof Nordring mit seinem Verkehr in Wirklichkeit an dritter Stelle. Besonders stark ist der Verkehr in den Frühstunden. Die Kehranlagen erwiesen sich hierfür schon seit langer Zeit als unzureichend. Eine in den Frühstunden erforderlich Zugfolge von 1⅔ Minuten konnte mit Präzision nicht eingehalten werden; auch war dies nicht möglich unter Zuhilfenahme des nachträglich vor dem Bahnhof eingebauten Weichenkreuzes, das die Ausfahrt aus dem Einfahrts- und die Einfahrt in das Ausfahrtsgleis ermöglichte. Die geringe Aufstellfläche hinter dem Bahnhof erforderte viele Leerwagenkilometer; auch war eine Kupplungsmöglichkeit von 6- auf 8- und von 8- auf 6-Wagenzüge nicht gegeben. Die Aufnahmefähigkeit des Bahnhofs als solchen hat sich als äußerst knapp erwiesen. Allen diesen Mängeln wird durch die Verlängerung zum Bahnhof Vinetastraße abgeholfen.

Die Bestrebungen, die U-Bahn bis nach Pankow hinein zu verlängern, gehen bereits auf die Zeit zurück, als noch Verhandlungen zwischen der Hochbahngesellschaft und der Stadt betreffs die Erweiterung der U-Bahn über den Potsdamer Platz hinaus geführt wurden. Der Bürgermeister der Gemeinde Pankow wandte sich schon im Jahre 1905 an die Hochbahngesellschaft mit dem Ersuchen, sie möge ihre Entwürfe bis nach Pankow hinein erstrecken. Seither ist eine große Zahl von Entwürfen aufgestellt worden, die sich mit verschiedenen Tracen befaßten. Zur Entscheidung standen bis vor dem Kriege die Tracen aus der Schönhauser Allee in die Berliner Straße bis zur Breiten Straße, aus der Berliner Straße durch die Grunowstraße zur Breite Straße und aus der Berliner Straße nach der Einmündung der Mühlenstraße in die Breite Straße. Alle diese Entwürfe sahen die Verlängerung über den Hochbahnhof Nordring als Hochbahn vor. Im Jahre 1913 befaßte sich der Verband Groß-Berlin mit der Linienführung im allgemeinen, sowie mit der Verteilung der Bahnhöfe innerhalb der Linie. Es wurde die Linienführung aus der Berliner Straße in die Grunowstraße hinein bevorzugt, auch mit Rücksicht auf eine spätere etwaige Verlängerung nach Niederschönhausen. Zunächst aber wurde aus Grünbden der vorerwähnten unzureichenden Anlagen am Bahnhof Nordring eine Verlängerung um einen Bahnhof in Aussicht genommen, der südlich von der Abzweigung der Mühlenstraße projektiert war. Schon damals wurde die Frage erörtert, ob die Kreuzung mit der Reichsbahn mit dem Bahnhof Pankow-Schönhausen als Hochbahn oder als Untergrundbahn zu erfolgen habe. Die Verhandlungen hatten Entwürfe zum Ergebnis, die von der Hochbahngesellschaft dem Verbande Groß-Berlin im Jahre 1916 vorgelegt, dann aber infolge der Kriegs- und Nachkriegsumstände wieder zurückgestellt wurden. Erst im Jahre 1927 wurde — nunmehr von den städtischen Körperschaften — der Beschluß zur Verlängerung um einen Bahnhof an der Abzweigung der Mühlenstraße aus der Schönhauser Allee gefaßt, und zwar wurde bestimmt, daß dieser Bahnhof jetzt Bahnhof "Pankow (Vinetastraße)" genannt, bereits als Untergrundbahnhof herzustellen sei, so daß die Übergangsrampe von der Hochbahn zur Untergrundbahn nicht mehr unmittelbar vor der Kreuzung mit der Reichsbahn in die Berliner Straße zwischen Binzstraße und Borkumer Straße, wie sie schon bei den Verhandlungen mit dem Verbande Groß Berlin zur Erörterung stand, sondern in die Schönhauser Allee zwischen Kaiser-Friedrich-Straße und Esplanade gelegt werden mußte. Die weitere Verlängerung bis zur Breiten Straße, die von den städtischen Körperschaften im April 1929 beschlossen wurde, ist zunächst noch zurückgestellt. Der Entwurf für diese Verlängerung ist indessen von der Aufsichtsbehörde bereits genehmigt, während das Planfeststellungsverfahren noch nicht zum Abschluß gelangte. Hiernach soll die Linie keine der früheren Tracen verfolgen, sondern, wie es ohne Zweifel im Hinblick auf den Betrieb richtig ist, direkt auf die Schloßstraße zugeführt werden, indem sie nach Kreuzung mit den Reichsbahnanlagen die Häuserblöcke zwischen Florastraße und Breitestraße einerseits und Grunowstraße und Berliner Straße andererseits durchquert.


NEUER VIADUKT IN DER SCHÖNHAUSER ALLEE IM BAU


NEUER VIADUKT IN DER SCHÖNHAUSER ALLEE: SEITENANSICHT


NEUER VIADUKT IN DER SCHÖNHAUSER ALLEE: UNTERANSICHT


NEUER VIADUKT IN DER SCHÖNHAUSER ALLEE: EINZELANSICHT

Besonderes

Die Bahnverlängerung ist, wie bereits erwähnt, im Anschluß an den bisherigen Endpunkt der Hochbahn bis zur Kaiser-Friedrich-Straße als Hochbahn ausgeführt worden, und zwar mit von der Städtischen Tiefbauverwaltung bevorzugten größeren Stützweiten als auf der alten Hochbahnstrecke in der Schönhauser Allee. Auf der letzteren beträgt die Stützweite des Viaduktes 12,00 m; die Erweiterung hat Stützweiten von 28,50 m. Der Viadukt besteht aus eisernen fußverankerten Säulen mit darüber gelegten Blechträgern. Auf der in einem Radius von 400 m gekrümmten Strecke zwischen Bornholmer Straße und Kaiser-Friedrich-Straße sind die Hauptträger mit der Bahnkrümmung konzentrisch gekrümmt ausgeführt. Die Rampe von der Hochbahn zur Untergrundbahn erhielt ein Gefälle von 1:31.





U-BAHNHOF PANKOW (VINETASTRASSE)
OBEN: BAHNHOFSGRUNDRISS   UNTEN: STRASSENAUFSICHT



U-BAHNHOF PANKOW (VINETASTRASSE)
QUERSCHNITT DURCH DEN VORRAUM



QUERSCHNITT DURCH DEN BAHNTUNNEL
NÖRDLICH DES BAHNHOFS

Der Bahnhof "Pankow (Vinetastraße)" hat seine Eingänge nicht an den Enden seines Mittelbahnsteiges, sondern in der Mitte erhalten, und zwar führen zu dem über dem BAhnhof angeordneten Vorraum Treppen von den beiderseitigen Bürgersteigen und von der Mittelpromenade. Die letzteren sollen im wesentlichen dem Umsteigeverkehr mit der Straßenbahn dienen. Von dem Vorraum führen zwei Treppen zum Bahnsteig hinab. Der nördlich vom Bahnhof sich anschließende Tunnel ist mit vier Gleisen ausgestattet, auf dem 8 Achtwagenzüge Platz finden. Die vier Gleise sind derart durch Weichen miteinander verbunden, daß aus drei Gleisen sechs Züge zur Ausfahrt in den Bahnhof eingesetzt werden können, ohne daß der aussetzende Zug berührt wird. Hierdurch wird gewährleistet, daß ein 1½-Minuten-Verkehr in den Frühstunden mit Präzision durchgeführt werden kann.

Die Stromversorgung der Erweiterungsstrecke erfolgt vom Unterwerk Senefelder Platz aus.



VIADUKTQUERSCHNITT



RAMPENQUERSCHNITT



RAMPENQUERSCHNITT



TUNNELQUERSCHNITT

Während im allgemeinen der Tunnel der U-Bahn in den aus Sand bzw. mehr oder weniger feinen Kies bestehenden Grundwasser führenden Schichten der Diluvialzeit, den bekannten Berliner guten Baugrund eingebettet ist, steht hier der Geschiebemergel so hoch und mächtig an, daß der Tunnel in ihm ruht. Dies hatte für die Bausausführung, welche der Julius Berger Tiefbau A.-G. übertragen war, einerseits den Nachteil einer schwierigen Bodenlösung und Förderung, andererseits den Vorteil, daß sich eine Grundwasserabsenkungsanlage mittels Rohrbrunnen als überflüssig erwies. Das eindringende Wasser konnte mittels Drainage beseitigt werden.

Die Lieferung und Montage der Eisenkonstruktion der eisernen Viaduktstrecke wurde von den Firmen Steffens & Nölle, A.-G., und Hein, Lehmann & Co., A.-G., ausgeführt. Der Oberbau wurde von der Berliner Nordsüdbahn-A.-G. in eigener Regie verlegt. Die elektrische Ausrüstung der Strecke haben die Siemens-Schuckertwerke A.-G. und die Siemens & Halske A.-G. erstellt. Stellwerk- und Signaleinrichtung wurden von den Vereinigten Eisenbahn-Signalwerken geliefert und eingebaut. Die architektonische Durchbildung des Bahnhofes Pankow (Vinetastraße) lag in den Händen des Herrn Professor Grenander.


TUNNEL IM BAU

Das von der Berliner Verkehr-Aktiengesellschaft (BVG) betriebene Schnellbahnnetz weist nach Inbetriebnahme der Erweiterungsstrecke Nordring—Pankow (Vinetastraße) folgende Baulängen auf:

 Im Betrieb
km
Neue Linien
km
Zusammen
km
Kleinprofillinien  .   .   .   .   .44,0331,20145,234
Großprofillinien  .   .   .   .   .25,57725,577
Zusammen  .   .69,6101,20170,811

Vorhanden sind nunmehr 83 Bahnhöfe (Kreuzungsbahnhöfe einfach gerechnet), darunter 7 Kreuzungsbahnhöfe und 3 Abzweigbahnhöfe.




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